György Kurtág

Nicht, weil alles an ihr noch unerhört wäre, ist Kurtágs Musik so neu; nein, sie ist neu, weil in ihr Vertrautes nicht als das Gewohnte, sondern als ein frisch Entdecktes erscheint. Die Bloßlegung von Ursprünglichem läßt mich jene vibrierende Nähe spüren, die wohl nicht anders heißen kann als einfach Liebe. In dieser Musik ist die "Frische, die uns leben macht", wie es in einem Webern-Lied heißt

Frische, es braucht wohl nicht mehr erklärt zu werden, die nicht nur den blauen Himmel und die Tautropfen meint, Frische, die auch eine offene Wunde sein kann, Zeugin für das Leid, das Leiden, das unerlöste. Wenn Kurtágs Stimme nun auch in der weitläufigen Musikwelt ihren ganz eigenen Platz hat, einen Ort in Wurzelnähe, einen radikalen also, so will ich darin vor allem etwas Tröstliches sehen; und ich will denn auch die Einmütigkeit, mit der ihr heute einer der ersten Ränge eingeräumt wird, nicht mehr beargwöhnen.