Heinz Holliger

Aus der Laudatio von Clytus Gottwald:

Heinz Holliger zu loben, stößt selten auf Skepsis, gar Widerstand. Selbst derjenige, dem der Komponist Holliger suspekt sein sollte, entschuldigt diesen mit dem Oboisten Holliger, dessen Verdienste über alle Zweifel erhaben sind.

Natürlich hat es vor Holliger immer schon gute Bläser gegeben, doch sie waren Ausnahmen, zudem waren sie meist Orchestermusiker und blieben auch im Orchester verwurzelt, wenn sie zu solistischen Ehren kamen. Heinz Holligers Auftreten hat diese Tradition abrupt beendet. Der Oboenvirtuose zog fortan das gesellschaftliche Interesse in dem gleichen Maße auf sich wie die etablierten Virtuosen, die Geiger, Cellisten oder Pianisten. Daß diese, wenn man so will, solistische Emanzipation auch die Oboe erfaßte, war um so erstaunlicher, wenn man bedenkt, daß die Oboe in der Prestige-Skala des Publikums doch ziemlich weit hinten rangierte. Hatten doch viele Konzertbesucher immer noch das Schalmeienhafte des Oboenklangs im Ohr, was schon das Vorurteil produzieren konnte, dieses Instrument sei höheren Weihen nicht würdig. Doch dann hörten sie Holliger, der — und das ist das Merkwürdige — ein ebenso brillanter Pianist oder Flötist hätte werden können, wenn er nur gewollt hätte. Daß er sich der Oboe verschrieb, schien gegen alle Vernunft... So hat er uns allen gezeigt, was in diesem näselnden, etwas glanzlosen Instrument steckte, wenn es mit solchem Atem, mit solcher Geläufigkeit und vor allem mit solcher Phantasie gespielt wird.