Festival Archipel 2014: Origines

Festival Archipel, Genf, Schweiz

Über 2.000 Jahre hatten Musiker nach unterschiedlichen Temperierungen gesucht und geforscht und schließlich eine rein mathematische Lösung zum Stimmen der Instrumente gefunden – die gleichschwebende Stimmung. Doch inzwischen hat eine stille Revolution die zeitgenössische Musik grundlegend verändert – sie basiert nun nicht mehr auf zwölf gleichgroßen Halbton-Schritten. Mit Unterstützung der Ernst von Siemens Musikstiftung setzt sich Archipel 2014 in einer Reihe von Events umfassend mit diesem fundamentalen Umbruch auseinander. Neben einer Ausstellung und einer Konferenz präsentiert Archipel die Schweizer Erstaufführung von Harry Partchs letzter Oper. Der US-amerikanische Komponist war ein Außenseiter und ein Wegbereiter der Theorie der reinen Stimmung; er entwickelte ein Notensystem mit einer 43-Ton-Skala, um reine Intervalle spielen zu können und der altgriechischen Musikintonation näher zu kommen. Aufgeführt wird auch ein Gesangskonzert in der im Mittelalter gebräuchlichen pythagoreischen Stimmung, die auf reinen Quinten anstelle reiner Terzen aufbaut. Der junge italienische Komponist Daniele Ghisi hat Einschübe komponiert, die zwischen den Sätzen von Guillaume de Machauts Messe – der ersten der Musikgeschichte – gespielt werden. Außerdem bietet Archipel 2014 eine Premiere von Goebbels' War I nach Gertrude Steins Textvorlage. Die Rückkehr zu den Ursprüngen bildet Goebbels' Hauptthema und steht auch im Mittelpunkt der Werke von Thomas Adès und Jonathan Harvey, die von der Schöpfungsgeschichte (In Seven Days) und der buddhistischen Reinkarnationen (Body Mandala) inspiriert sind. Auch Gérard Grisey greift Vergangenes auf und bezieht sich auf altgriechische, ägyptische und sumerische Totenrituale (Quatre chants pour franchir le seuil). Brian Ferneyhough schließlich stellt, ähnlich wie Deleuze, Chronos und Äon – also die Zeit körperlichen Handelns und die noch bevorstehende Zeit des puren Moments – einander gegenüber.

21.–30. März 2014
Genf, Schweiz

Weitere Informationen:
www.archipel.org