Foto: Danil Golovkin

 

Konzert im Rahmen einer Konferenz zu Andrej Platonow

Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde e.V., Berlin, Deutschland

 

Das von der EvS Musikstiftung geförderte Konzert ist Teil eines mehrgliedrigen Projekts zur Wiederentdeckung Andrej Platonows. Es findet im Rahmen der internationalen, interdisziplinären Konferenz Utopie und Gewalt. Werk und Wirkung des Schriftstellers Andrej Platonow anlässlich des Erscheinens eines neu übersetzten Schlüsselwerks des Autors statt. Ein Vierteljahrhundert nach Auflösung der UdSSR soll die Frühphase der Sowjetperiode im Fokus stehen – als Ausgangspunkt eines utopischen Gesellschaftsentwurfs, der in die absolute Entfesselung politischer und gesellschaftlicher Gewalt mündete. Wie kein zweiter Autor lässt Platonow (1899–1951) die Atmosphäre dieser Epoche spüren. Die russische Revolution, die alle Bereiche des Lebens in diesem riesigen Land erfasste, der Kampf um einen „neuen Himmel und eine neue Erde“, findet in seinem Werk einen unerhörten Ausdruck.
Erst seit den 1990er Jahren haben russische Komponisten begonnen, sich Texten Andrej Platonows zuzuwenden. Von der Liedvertonung bis zur Verwandlung der Wörter und Sätze in Klangmaterial reicht das Spektrum der musikalische Verfahren. Der semantische Abgrund zwischen der „ewigen Sonne“ des kommunistischen Weltzustands und dem von „Wind und Kummer“ gebeutelten Menschen wird etwa in den Stücken von Dmitri Kourliandski (Innermost Man/Sokrovennyj čelovek; 2002) und Vladimir Tarnopolski (Čevengur; 2002) geradezu körperlich spürbar. Man meint Geschrei und Wimmern zu hören, erkennt die Fetzen eines Kriegslieds, das im Stampfen von Maschinen zermalmt wird, hört einen Seelenton, der verzerrt, Atemzüge, die erstickt werden. Dennoch ist ihre Musik weder programmatisch noch illustrativ. Es ist die Klangmaterie der Musik als solche, die sich am besten eignet, um dem „geheimen Menschen“ Platonows erschütternd Gestalt zu verleihen. Neben den Stücken von Kourliandski und Tarnopolski werden Alexander Vustins Three Songs, for voice and ensemble, mit einem Text aus Andrey Platonov’s Erzählung Chevengur, aufgeführt.
Als Kontrast zu diesen bedrängend dichten, düsteren Stücken will das Neophon-Ensemble Werke von zwei Komponisten der älteren, auch der Lehrer-Generation spielen (z.B. Edison Denissov und Valentin Silvestrov).

 

2. Dezember 2016
Akademie der Künste Berlin, Pariser Platz, Berlin, Deutschland

 

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